Leseprobe Buch Beziehungsweisen - Beate Kunze

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Leseprobe Buch Beziehungsweisen

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Aus "Beziehungsweisen"

Lüge

       In ihrem dunklen Hinterhalt
       träumte eine kleine Lüge,
       sie wäre die Liebe.
       Sie nährte diesen Traum manches Jahr
       bog sich hin, log sich her und alles zurecht
       wurde größer und viel schöner als wahr
       glaubte schließlich, sie wäre echt.
       Dann  kam sie ans Licht.
       Das überlebte sie nicht.

Lieblingsstück

       ...Die alte Couch ist weg.Manch´glückliche Nacht
       haben wir gemeinsam auf ihr verbracht.
       Den Blick in die Sterne,das Knarren,das verriet.
       Ach,ich habe dich und die Couch so geliebt.
       Na gut,vielleicht war sie etwas unbequem.
       Vielleicht war sie auch nicht mehr so schön.
       Weißt du noch damals,der Rotweinfleck?
       Wir wischten mit ihm auch die Farbe weg.
       Saß so gerne auf ihr,
       neben dir,
       etwas eng,
       etwas gedrängt,
       in deinem Arm,
       gehalten und warm,
       uns ganz nah.
       Nicht mehr da.
       Mein Lieber,schon gut.Du hast Recht.Es war
       
klüger und stilvoll sitzen wir uns jetzt gegenüber.

Martha

       Kaum je bemerkt, unauffällig. Sie war nicht groß.
       Ihr Leben war glück-und mittellos
       und sie war noch eine mehr am schmalen Tisch.
       Zum Sattwerden reichte es manches Mal nicht.
       Ihr altes Dorf und eins weiter, so klein war ihre Welt.
       Man schickte sie früh zur Arbeit auf's Feld.
       Später nahm ein Verwalter sie in Brot und Lohn.
       Dann nahm sie ein Mann. Zu früh kam ihr Sohn.
       Der einzige blieb er in ihrem Leben.
       Sie war nicht groß, ihm hat sie Größe gegeben.
       Manche Stunde hat sie um Mann und Sohn gebangt.
       Niemand hat es bemerkt, niemand hat ihr gedankt.
       Irgendwann hat ihr Mann sie dann betrogen.
       Sie ist suchend nach ihm durch die Kneipen gezogen.
       Dann verließ er sie. Ihr Sohn ging aus dem Haus.
       Und aus diesem, Halt und Zuflucht, setzte der sie später raus.
       Eine Kammer, schräge Wände, das war nun ihr Heim.
       Sie war nie groß, jetzt aber alt und winzig klein.
       Immer hoffte sie, dass Sohn oder Enkel kämen
       und sie endlich haltend in die Arme nähmen.
       Das war viel zu selten, wer hatte schon Zeit.
       Und so wartete sie, noch zum Geben bereit.
       Als erschöpft sie zuletzt in die Kissen sank,
       blieb trotzdem ein Lächeln, fast noch wie ein Dank.
       Sie hat niemals genommen, doch soviel gegeben.
       Sie war nicht groß. Groß ist ihre Seele gewesen.

       Ein Platz zum Gedenken ist längst nicht mehr da.
       Statt Blumen diese Worte für dich, MARTHA

 
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